Schloss Prossen - Refugium Schloss Prossen - Refugium

Prossen um 1850. © Druck L. Blau & Co., Leipzig. Aus: G.A. Poenicke: Meissner Kreis. In: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Leipzig, Band 2, S. 149f.

Geschichte

Das Rittergut Prossen (heute Schloss Prossen), das über mehr als sechs Jahrhunderte hinweg Verwaltungszentrum und Gerichtsstand der umliegenden Ortschaften war, ist reich an Geschichte und Geschichten – so wie das gesamte Siedlungsgebiet der Sächsisch-Böhmischen Schweiz.

Der Gebäudekomplex ist ein jahrhundertealter Adelssitz im Elbtal bei Bad Schandau, den die Bauherren Jutta und Torsten Wiesner 2014 aufkauften und seit April 2017 aufwändig restaurierten. Im Sommer 2019 öffnete das barocke Refugium nach zwei Jahren Bauzeit sein Portal für die ersten Urlaubsgäste.

Voller Spannung verfolgten Prossener und Interessierte aus Nah und Fern zwischen 2017 und 2019 die Sanierung des Schlosses unter der Regie von schoper.schoper Architekten, Dresden mit ihrem Team. Erleben Sie hier eindrucksvolle Dokumente der Bewahrung des einzigartigen Kulturguts und der Restaurierung der wertvollen Kunstschätze.

Film: Uwe Schirmer

um 1120 - Gründung des Rittersitzes Prossen

Möglicherweise lässt der legendenumwobene Ritter Wiprecht von Groitzsch (1050 - 1125) den Grundstein für den ersten Rittersitz in Prossen legen. Das Elbtal zwischen den Tafelbergen Königstein und Lilienstein ist bis dahin noch kaum besiedelt.

1412 - Erste urkundliche Erwähnung

In einer Urkunde des Meißner Bischofs Rudolph vom 9. Mai 1412 wird "Prossentin" zum ersten Mal schriftlich erwähnt. Die Urkunde besagt, dass der Bischof dem damaligen Gutsherren, Ordensritter Heinrich von Grislow, 120 Schock Böhmische Groschen schuldet. Heinrich von Grislow, dessen Gut damals zum Königreich Böhmen gehörte, ist also der erste uns bekannte Gutsherr zu Prossen.

um 1572 - Prossen als Rittergut und Gerichtsstand

Das Gut ist mehr als 170 Jahre lang im Besitz der Familie Partzefal, die es als Lehngut 1443 vom sächischen Kurfürsten erhalten hat. Die Gutsherren hatten damals auch die Obergerichtbarkeit über die umliegenden Orte inne. Ende des 16. Jahrhunderts taucht der Begriff "Rittergut" erstmalig auf, der anzeigt, dass vom Grundbesitzer im Kriegsfall Reiter zum Kriegsdienst gestellt werden müssen.

1629 - Adelsfamilie von Bünau flieht nach Prossen

Die Familie von Bünau, aus Naumbuger Uradel stammend, muss 1629 im Zuge der gewaltsamen Rekatholisierung aus Böhmen fliehen und kauft das Rittergut Prossen für 18.000 Gulden. Die Familie ist nun im Besitz des Guts Prossen und der Burgen Weesenstein, Lauenstein und Kuckuckstein. Bis 1675 bleibt das Gut im Besitz der von Bünaus.

1693 - Bau des Schlosses in seiner heutigen Gestalt

Johanna Eleonore von Lüttichau kauft das Rittergut 1690 im jugendlichen Alter von 24 Jahren. Als erste Frau unter den Besitzern baut sie das vermutlich stark verfallende oder gar abgebrannte Herrenhaus auf den Grundmauern des alten Gebäudes neu auf. Die Initialen G J E L B im Balkongitter über dem Hauptportal künden von den Erbauern (Gottlob und Johanna Eleonore von Lüttichau geb. Borkin). Die barocken Stuckdecken und Wandmalereien, die heute wieder im historischen Glanz erstrahlen, stammen ebenfalls aus der Zeit des Wiedererrichtung.

1850 - Friedrich Brockhaus wohnt auf dem Rittergut

Friedrich Brockhaus, der älteste Sohn des Leipziger Verlagsgründers, der von 1823 bis 1850 den Verlag gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich weiterführte, kommt 1850 nach Prossen und bewohnt mit seiner Frau Luise, der Schwester Richard Wagners, das Rittergut. Der Saal der heutigen Gartensuite dient dem Ehepaar als Speisesaal. 1859 kehrt Brockhaus - halb erblindet - nach Dresden zurück, wo er bis zu seinem frühen Tod in der Nähe seiner Töchter wohnt.

1866 - Auch Bier wird im Rittergut gebraut

1866 wird an die bestehende Brennerei auch eine Brauerei angebaut, die allerdings nur drei Jahre später einem Brand zum Opfer fällt. Aber die damaligen Besitzer geben nicht auf. Heinrich Curt von Arnim verpachtet die wiedererrichtete Brauerei an den Braumeister Reinhold Heinrich. Bis 1885 braut der hier das Rittergutsbier, das im hauseigenen Gasthof ausgeschenkt wird.

1939 - Anwesen übersteht die Kriegsjahre leidlich

Im Jahr 1900 kauft der Dresdner Kaufmann Fritz Heller das Rittergut. Er ist Jude und muss seinen Besitz 1939 für einen Spottpreis an die Sächische Bauernsiedlung GmbH verkaufen. Das Anwesen steht zunächst leer und erlebt in den Kriegsjahren verschiedene Nutzungen: technisches Büro, Wohnung, Lager. Sogar der Zirkus Sarrasani bringt zeitweise seine Tiere in den Stallungen unter.

nach 1945 - DDR-Realität auch in Prossen

1945 wird das Rittergut im Zuge der Bodenreform aufgeteilt, das Herrenhaus gelangt in den Besitz der Gemeinde Prossen. 1950 kommt es erneut zum Brand, der zum Glück das Hauptgebäude und einen Teil der Verwaltungsgebäude verschont. In das Herrenhaus zieht für einige Jahre die Prossener Schule ein, 1984 dann der Kindergarten. Zudem werden Wohnungen für insgesamt 7 Familien eingerichtet.

2006 - Rückübertragung an die Alteigentümer

Die Rechtsnachfolger des 1950 verstorbenen Fritz Heller erhalten 2006 die ehemaligen Besitzungen zurück. Inzwischen sind nur noch wenige Wohnungen im Haus bewohnt. Die Erben Hellers entscheiden sich schließlich zum Verkauf des Anwesens. Zunächst findet sich jedoch kein Käufer, sodass das Gebäude immer mehr verfällt, der Garten immer weiter verwildert.

2017 - komplette Restaurierung und Umbau des Schlosses

Das Haus wird Ende 2014 von der Dresdner Familie Wiesner gekauft und zunächst von verunklärenden Einbauten befreit. Nach über zweijähriger herausfordernder Planung beginnt 2017 die aufwändige Restaurierung des Schlosses. Die Neugestaltung als Ferienresidenz wird vom Dresdner Büro schoper.schoper Architekten geplant und federführend begleitet. Im August 2019 ziehen die ersten Feriengäste in die fertiggestellten Appartements auf Schloss Prossen ein.